
28.5.2018
Saint Jean Pies de Port nach Roncesvalles
Die Literatur und auch die letzten Gespräche bezeichnen diese erste Etappe als die schwierigste das ganzen Weges. Steil und lang. 1250 Meter hoch und 500 Meter wieder runter auf insgesamt rund 25 km Länge. Da der Typ neben mir stark geschnarcht hat, habe ich mir nachts die vorher schon bereitgelegten Ohrstöpsel reingeschraubt. Super. Die Herbergsmammi holt mich um kurz vor sieben zum Frühstück runter. Mir war nicht klar, das Frühstück UM 6:30 Uhr ist und nicht AB 6:30 Uhr. Es gab einige Baguettscheiben mit etwas Marmelade, ein Joghurt, Tee und Saft. Genug. Ich packe meine Sachen, geh dem Schauspieler aus dem Weg und eile zum Startpunkt. Es ist nebelig und regnet. Kein ideales Startwetter, aber besser als 30 Gard im Schatten. Ich hoffe auf besseres Wetter gegen Mittag. Ursprünglich war der normale Weg geplant. Irgendwie gehen hier aber alle den Napoleon Weg. Im Touristbüro hatten Sie eine große Karte an der Wand. Viele Danger und Ausrufezeichen mit Schneeflocken etc.. Puh. Na schön. Was der kleine Franzose konnte, das kann ich auch. Also: Viel Feind, viel Ehr. Ein kurzer Blick zum Himmel und dann los für mich und Jesus Christus.
Auf den ersten 8km bis Orisson geht es nur steil bergauf. Zwar geteert, aber steil. Ich bin völlig alle und klatsch nass, innen wie außen, als ich in der dortigen Herberge ankomme. Ich gönne mir einen frisch gepressten Orangensaft (5,-) sitze einen Moment und spreche ein paar Worte mit einem Mann aus Brüssel, der ein wenig Deutsch spricht. Ich lese in dem Reiseführer den mir der Johannes geschenkt hat und stelle fest, dass der super ist, wenn auch schwer. Ich bekomme meinen zweiten Stempel, ziehe meine Jacke an und gehe weiter. Der Weg erscheint endlos, wird nicht leichter und bringt mich an meine Grenzen. Ich habe einen Liter Wasser dabei der sich dem Ende neigt und nichts zu essen. Ich war der Meinung, Frühstück und Abendessen reicht. Ein paar Stunden Laufen werden wohl gehen und vielleicht gibt es etwas unterwegs. Glücklicherweise stand eine Art Eiswagen nach einigen Stunden am Wegesrand und verkaufte Eier, Banenen, Kaffee, Müslieriegel. etc.. Ich wusste gar nicht mehr, wie lecker eine Banane ist.....
Zwischendurch hätte ich gerne ein paar mal aufgegeben. Aber der Point of no return lag bereits hinter mir. Zurück war also weiter als nach vorn. Ein bisschen Mut machte mir der bunte Mix an Menschen, von denen subjektiv betrachtet mindestens jeder zweite nicht meine köperlichen Möglichkeiten hatte. Aber alle waren auf dem selben Weg. Thailänder, UK, Iren, eine Polin, Japaner, einer aus Belgien, Dänemark, Niederlande, Deutsche. Junge Leute, ältere Menschen und auch zwei Kinder um die 10 Jahre. Eine Deutsche war mit Hund unterwegs. Einige sind schon in Loudes gestartet, ein anderer in Karlsruhe!
Mit einer Flämin und einer Deutschen aus Ulm bin ich ein paar Stunden gegangen. Wir hatten trotz des schweren Weges und des schlechten Wetters viel Spaß. Nun hatten wir alle den schweren Weg gewählt, weil die Aussicht dafür entschädigen sollte. Und tatsächlich, die Lanschaft war überwältigend. Also glaube ich. Wir sahen ja nichts davon, weil niemand den Automaten fand, in den man die Münzen einwirft um den weißen Vorhang anzuheben. Der Nebel war so dicht, dass man sich zwar höhren aber nicht sehen konnte wenn man mehr als 20 Meter auseinander war.
Es nieselte den ganzen Tag. Der Weg war schwer und ich kam erst gegen 15:30 Uhr an. Pausen gab es kaum. Ab und zu ein kurzes Verweilen für ein paar Minuten. Sitzmöglichkeiten gab es nicht, war eh alles naß. Aber ich bin angekommen in Rocesvalles.
10,- Übernachtung, 10,- Abendessen, 5,- Frühstück. Geschätzte hundert Pilger trafen heute hier ein. Duschen, Füße eincremen und erstmal hinlegen. Am Automaten im Eingangsbereich habe ich freudig festgestellt, dass es Bier in Dosen gibt. Na klar, ein Bier habe ich mir verdient. War leider alkoholfrei wie sich zeigte, aber trotzdem geil. Das Abendessen war in einem großen Saal und mehrgängig. Lecker. Es gab Wasser und Wein dazu. Ich traf einige der neuen Bekannten wieder. Danach noch ein Bier in der Bar mit der Flämin und der Tante aus Ulm.
Am Empfang kaufte ich mit ein Paar Flipflops für 5,-€, damit ich in der Dusche und im WC nicht im Siff der Anderen mit nackten Füßen stehen muß. Die Dinger sind echt scheiße und zwei Nummern zu klein. Aber es gab nichts anderes. Ich werde versuchen in den nächsten Tagen ein paar Duschsandalen zu erwerben. Meine Reisekasse schmizt schnell. Mit gut 1200,- EUR bin ich ausgezogen. 200,- für Fahrscheine und mehr als der geplanen 30,-/Tag für Übernachtung, Essen und Trinken. In geschätzten 25 Tagen bin ich wohl pleite.
Ich, kurz vor der Abreise:

Die Napolen Route:

Infos aus dem Touri-Büro:


Fotos vom Kloster im Zielort Roncavalles:







