14.6.2018
Sahagun nach El Burgo Ranero

18 km, gerade leichte Strecke. Blauer Himmel, wenig Wolken, pralle Sonne über weite Strecken.

Auf der Herberge nisten Störche. Sehen kann ich sie nicht, aber ich höre das Klappern. Um halb neun gehe ich in die Messe in der kleinen aber aufwendig ausgestalteten Kirche der Schwestern. Es ist eine einfache katholische Messe. Ich verstehe zwar kein Wort, aber die Elemente sind mir bekannt und so kann ich gut folgen. Die Kommunion wird in Wein getunkt und direkt auf die Zunge serviert. Es sind nur zwei Spanier und ich neben den acht Schwestern in der Messe. Nach der Messe kommt eine Schwester zu mir und hält mir zwei Körbchen unter die Nase. In dem einen sind Kärtchen mit einem Psalm in vier Sprachen und in dem anderen Gebete in Röllchen ähnlich einer Losbude. Ich nehme jeweils eines und bedanke mich. Beim Rausgehen überkommen mich die Tränen und ich bekomme kaum noch Luft. Ist mir schon ein paar mal passiert, beim Grübeln oder beim Schreiben. Ich weiß auch nicht warum. Irgendetwas steckt in mir und kommt nicht raus. Auch jetzt, wo ich einfach nur meine Notizen abschreibe rollen ein paar Tränen.

Ich gehe zur Post und frage was ein Päckchen nach Deutschland kostet um mich ca. 4kg unnötigen Gewichtes zu erleichtern. Ungefähr vierzig Euronen ruft der auf. Und da sind keine Nüsse bei. Nö, dann schleppe ich den Kram selber nach BRD zurück. Kosten in Kalorien und Wasser vermutlich genau so viel, fällt aber erst mal nicht so auf. Ich müsst bald zehn Tage mit rund 20,- auskommen um das in der Reisekasse zu kompensieren. Das ist fast die halbe Zeit und das ist es mir derzeit nicht Wert. Dann mache ich in einem Laden halt, der PAN dran stehen hat und mutmaßlich frisches Brot, Kekse, Croissants und so verkauft. Ich kaufe ein paar Sachen und stelle fest, dass das alles aus der Packung kommt. An einem Kiosk bekomme ich noch Saft und Milch, Wasser habe ich noch. Ich entscheide mich, vom regulären Weg abzuweichen und die alte römische Straße zu nehmen, die ca. 5km länger ist. Es heißt: Einsamkeit und weite Felder. Dafür keine nervigen Fahrräder, keine plärrenden Touristen und keine Autos. Und so war es auch. Unterwegs habe ich mich in die Heide geworfen und eine halbe Stunde geschlafen. Quasi als Landeplatz für Insekten und Zeugs .....
Dann komme ich zum Zwischenziel nach Calzadilla de los Hermanillos. Dort mache ich in der Bar halt und bestelle ein Omlette und ein Bier. Statt des Omlette bekomme ich ein Tortillastück. Also gequirltes Ei mit Kartoffeln und so und, als ob das nicht schon trocken genug wäre, Brot. Es stopft und geht mit dem Bier gut runter. Ich entscheide mich, nicht die vorgeschlagene Route nach El Burgo Ranero (5km) zu nehmen, sondern dem römischen Weg nach Reliegos (15km) weiter zu folgen. Es ist erst zwei, das Wetter ist gut und ich habe Zeit. Außerdem ist es eine Art Dreieck. Reliegos wäre ein Zwischenziel der morgigen Etappe und spart für Morgen bereits 10km ein. Das bedeutet, ich kann Morgen dirtek nach Leon durch (25km), dort begann der Film über den Camino vom Johannes, und habe die Etappe 23 nach Buch übersprungen. Damit auch die Reisekasse um ein Tagewerk entlastet. Ich sitze also in der Bar und texte ein bischen und warte darauf, dass die Sonne sich gen Westen wendet, damit auf dem weiteren Weg das Licht von vorne kommt, weil ich hinten schon rot bin. Damit ich heute Abend wieder uni aussehe, halte ich das für eine gute Vorgehensweise.

Da ich nichts gebucht habe, bin ich frei in meiner Entscheidung, wann und wohin ich gehe. Das ist schön. Ich habe mich zwar bisher immer an die Tagesziele aus dem Führer gehalten. Aber ich muß ja nicht. Also: Mal sehen wo ich heute rauskommen und unterkomme. Ich bin jedenfalls sicher, Herr Jakobus weiß das schon und wird für freundliche Menschen um mich herum sorgen. Wie jeden Tag. Die letzten hundert km meines Weges werde ich sowieso Alterntive Übernachtungsplätze benötigen, da dann schon Hauptsaison ist und viele Touristen die letzen 100km gehen um die Urkunde zu bekommen und dann Urlaub zu machen. Die reservieren auch alles vorher.

Der Weg war weiter als ich dachte oder ich war langsamer, was ich nicht glaube. Unendliche Weiten und absolute Einsamkeit. Vier Stunden keine Menschenseele und auch nichts anderes von Menschanhand geschaffenes außer Weizenfelder. Toll! 19:30 Uhr checke ich in der Herberge Municipal (also der komunalen Herberge) von Reliegos ein. Obligatorischer Kurzbesuch im Supermarkt, kurzer Feierabend und Dusche und ab in die Heia.




Was auf dem Foto nicht wahrzunehmen ist, ist das Konzert, das hier gerade stattfindet. Eine Gruppe Frösche gibt hier nämlich Beethoven zum Besten. Und auch alles andere. Sie haben lange geübt und heute ist das Abschlußkonzert.