Furelos nach weiß nicht wo
Gegen halb elf werde ich langsam munter. Es ist immer noch eine geschlossene Wolkendecke und frisch aber nicht kalt und es ist trocken geblieben. Ich frühstücke ein paar Reste und trinke einen Liter Saft. Dann Füße tapen etc. und los. Gestern bin ich offenbar bis kurz vor Furelos gekommen. Ich bin schnell wieder auf dem richtigen Weg und Reihe mich in die Menschen ein. Es hat etwas von einer Ameisenstraße, auch wenn alle in eine Richtung laufen. Als ich das theoretische heutige Etappenziel Arzua erreiche, ist es wieder wie in Altenberg. Eine kleine Kapelle steht direkt am Ortseingang und ich gehe hinein. Jürgen steht am Eingang und wir grüßen uns und reden kurz. Er hat schon alles gebucht für Morgen und übermorgen. Santiago soll bereits komplett ausgebucht sein bis in die Vororte. Wir verabschieden uns und er geht. Ich grüße den Gekreuzigten über dem Altar mit Hallo. Ich halte das für angemessen, da wir schließlich die Nacht bis eben noch zusammen waren. Ich setze mich in eine Bank und beobachte das Treiben um mich herum. Touristen kommen rein, plappern, klappern und wollen Stempel. Es ist unruhig und wenn ich Don Camillo wäre, dann würde ich jetzt zum Herrn sprechen und mich aufregen über die Stempeljäger die diese Unruhe verbreiten und ja gar nicht wegen ihm hier sind und würde nach einem Stock greifen um sie zu vertreiben. Und der Herr würde antworten und sinngmäß sagen: Egal warum sie kommen, sie sind hier, also lass sie. Nach einer Weile zünde ich eine Kerze an und hole mir auch einen Stempel. Es scheint als hätte der Typ das gestrige Datum also 25 geschrieben oder eben nur sehr undeutlich. Besser ich besorge mir später am Tag noch einen Stempel. Besser einen zuviel, als nachher die Urkunde nicht zu bekommen, auf die ich zwar inzwischen keinen Wert mehr lege, die ich aber dennoch haben möchte. Diese Urkunde ist was für Touristen. Der richtige Pilger trägt das Erlebte für immer in seinem Herzen. Das Stück Papier ist daher obsolet.
Ich komme nach Arzua rein. Stelle fest, dass mich hier nichts hält. Das Wetter sieht noch mehr nach Regen als gestern. Soll ich daraus schließen, dass ich mein bisheriges Glück nicht überreizen soll? Nö. Es sind nur noch 40km bis Santiago. Zwei Tage Weg und der Rest von Heute sind dafür eingeplant und ich liege schon zwei Tage vorn. Und wenn es hart auf hart kommt, dann gehe ich die Nacht durch und bin in rund zehn Stunden in Santiago. Ich gehe in eine Herberge, um mir einen Stempel zu holen und frage neugierig ob es noch ein freies Bett gibt. Ja Eines. Ein Zeichen? Ich ziehe trotzdem weiter. Wenn es regnet, werde ich nass. Das hat Gott schließlich so eingerichtet. Und dann gehe ich eben weiter. Ich kaufe ein für ein Abendessen, den Weg und ein kleines Frühstück und treffe im Supermarkt auf eine junge englisch sprechende Pilgerin, die mich schon in den letzten Tagen ein paar mal freundlich gegrüßt hat und gehe zum Ortsausgang. Da es anfängt zu fisseln stelle ich mich am letzten Gebäude unter ein Vordach und beginne meinen Rucksack umzupacken und regenfest zu machen. Ein Stück Baguett und eine Dose Bier sollen für den weiteren Weg fit machen. Der Typ, den ich bisher immer in der Umgebung der nervigen Italienerin angetroffen habe, kommt vorbei. Wie reden kurz. Er ist bereits regenfest eingepackt und hat für sich entschieden weiter zugehen und die Stille der Nacht zu genießen. Sollte das Wetter schlecht werden, will er durch bis Santiago und Morgen früh den Sonnenaufgang genießen. Wir wünschen uns gegenseitig einen Bon Camino. Ich habe vor, noch ca. 10km zu gehen und dann zu sehen was kommt. Grundsätzlich wäre ich dann in Salceda ungefähr auf der Hälfte der morgigen Etappe. Dort soll es zwei Herbergen und eine Bar geben. Das heißt bis 22:00 Uhr ist dort Unterschlupf und Essen und Trinken zu erwarten. Also los. Es ist noch Zeit. Unterwegs werden jedoch die Schmerzen an den Füßen größer und da sich auch die Wetterlage nicht ändert, beginne ich rechts und links vom Weg nach Schlafplätzen zu gucken. Nach einer ganzen Weile entdecke ich in einem halbverlassenen Ort, es muß kurz vor Calle sein und somit ca. 5-6km vor Salceda, einen neuen, massiv gebauten offenen Stall oder so. Hier wurde in den letzten Tagen nicht gearbeitet, so wie es aussieht. Und wenn morgen früh doch jemend kommt, wass soll schon passieren. Also lege ich eine große Holzplatte auf den Boden, bereite mein Nachtlager und esse und trinke windgeschützt und sicher trocken.

Historischer Kornspeicher.
Ratten und Mäuse kommen da nicht hoch, weil die nicht über Kopf klettern können und an den Steinplatten nicht vorbei kommen. Die Schlitze oben sind für Vögel zu klein. Also sicher und gut belüftet.
Waldweg am Abend
