3.7.2018
Der Tag zwischen hier und da
Das Wetter ist nicht besser geworden und es schickt sich auch nicht an. Kein Grund also, hier zu bleiben. Mann ey, da bin ich 1.000km bis zum Strand gelaufen und habe nun kein Strandwetter. Es ist nicht viel los in der Herberge. Gestern sind nur ein halbes Dutzend Pilger eingetroffen und viele abgereist. Ich packe mein Zeug und frage, ob ich mir Rühreier zum Frühstück machen darf. Nein, die Küche öffnet erst um zwölf. Was das soll weiß der Teufel. Aber die nette Spanierin bietet an, die Rühreier in der Mikrowelle zu machen. OK, dann las mal kommen. Sie nimmt drei Eier, verquirlt die mit etwas Milch in einer Tasse und stellt die einige Minuten in die Mikrowelle und tatsächlich, sieht aus wie Rührei und schmeckt auch so. Die anderen Eier und ein paar weitere Lebensmittelanbrüche lasse ich zurück für die zukünftigen Pilger. Dann fülle ich meine Bolog in die leere Milchpackung um und klebe die mit Leukoplast zu.
Der Bus nach Santiago fährt um 9:45 Uhr und die Haltstelle soll nur hundert Meter entfernt sein. Ja das mit den Entfernungsangaben kenne ich schon, also mache ich mich zeitig auf den Weg. Der Bus ist pünktlich und bringt mich für zehn Euro nach Santigao zum Busbahnhof, von dem aus ich in ein paar Minuten Fußweg zur Kathedrale komme. Da bin ich also wieder. Wer hätte das gedacht, habe ich mich doch am vergangenen Donnerstag bei Jakobus mit den Worten verabschiedet, dass ich wohl nicht mehr herkommen werde, wir aber in Verbindung bleiben. Ich setze mich gegenüber der Kathedrale unter einen Torbogen, an dem ich vor genau fünf Tagen zur gleichen Zeit kurz nach meiner ersten Ankunft auch gesessen habe und schaue mir das Treiben auf dem Vorplatz an. Nach einer Weile packe ich meine Bolog aus und gabel die zusammen mit einem Rest Baguette. Danach ein paar Schluck Wein von gestern. Ich mache nochmal ein Foto von der Kathedrale und und bitte einen jungen Mann aus Minesota ein Foto von mir zu machen, einmal so und einmal mit Rei in der Tube. Da steht nämlich auf der Packung, dass die meine Reise bezahlen, wenn ich denen ein Foto schicke und dieses als eines von fünf der schönsten ausgewählt wird. Na mal sehen. Schön bin ich ja und heute bin ich auch ein bisschen Tourist.
Die Sonne kommt raus und ich wechsel meinen Platz in die Sonne auf eine Steinbank. Schön warm. Ich liege und döse. Gegen 16:00 Uhr entscheide ich, nochmal in die Kathedrale zu gehen und mache mich auf zum Pilgerbüro, um meinen Rucksack dort zu deponieren, da kommt mir der Typ entgegen, den ich schon ein paar mal traf, teils mit der nervigen und der die vermeintliche Regennacht nach Santiago durchgehen wollte. Wir erkennen uns sofort und grüßen uns mit Handschlag. Er war auch in Fisterra. Scheiß Wetter. Dann ist er zum Flughafen und hat seinen Flug verpasst. Egal, geht er halt noch mal nach Fisterra. Im Weggehen rufe ich ihm zu: Camino never ends! und er ruft zurück: That´s life!
In der Kathedrale herscht buntes Treiben. Es ist nicht ganz so voll wie letztens, aber es ist auch keine Messe. Ich sitze ein Weile in der Bank, denke an alles mögliche und beobachte die Leute. Den Altar zu fotografieren und vor bzw. mit ihm fotografiert zu werden ist das wichtigste Anligen der Besucher. Die meisten machen drei gleiche Fotos, also drücken drei mal drauf. So um sicher zu gehen. Nur wenige setzen sich oder machen einen Knicks. Die Meisten sind so mit fotografieren beschäftigt, dass sie den Altar life gar nicht gesehen haben. Der Beichtstuhl Nr. 2 hat geöffnet. Aber das hatten wir schon. Dann gehe ich durch die wartenden Menschen, die die Figur umarmen wollen, in die Gruft und knie mich noch mal an das Grab. Ich beibe eine ganze Weile und hinter mir kommen und gehen einige Leute und machen Fotos. Stört mich nicht. Ich bitte noch darum, die Touristen etwas mehr mitnehmen zu lassen als nur ein Foto und verabschiede mich erneut. Diesmal verspreche ist, bei guter Gesundheit in 35 Jahren wieder zu kommen. Im Pilgerbüro hole ich meinen Rucksack und frage nach dem Weg zum Flughafen. Es ist der Camino. Ja das weiß ich grundsätzlich, den bin ich nämlich gegangen und habe die Flugzeuge gehört und das Außengelände gesehen, aber wie komme ich zu den Terminals und gibt es eine Karte mit Straßen und so? Nee gibt es nicht. Aber der Busbahnhof ist in der Nähe und es kostet nur 3,- bis zum Flughafen. Ich frage ob es einen Fußweg gibt und die Dame schaut mich völlig irritiert an: Das sind über 10km! Ja, weiß ich auch, gehe ich sonst schon vor dem Frühstück! Also, das wird hier nichts. Ich habe Zeit genug und bevor ich über 10h am Flughafen rumhänge gehe ich die paar km eben zu Fuß. Einen Flughafen den man hören kann, den kann man auch finden. Zunächst zurück auf den Camino und raus aus der Stadt und zwar so, wie ich ursprünglich reingekommen bin, also an meinem Lieblingsdönermann vorbei, von dem gesparten Busgeld schnell noch einen Döner und dann zum Monte de Gozo. Das Wetter ist gut und ich ziehe mein Shirt aus, damit es nicht vollschwitzt und noch für die Heimreise taugt. Bis zum Monte habe ich eine Straßenkarte im Pilgerbüro bekommen, die ich auch wirklich viel brauche. Den Camino in die Stadt und zur Kathedrale zu finden, das war leicht, aber wieder raus ist schwer. Theoretisch muß mur den gleichen Zeichen wie auf dem Hinweg entlang und eben entgegen gehen. Ja aber: Was ist an einem Y? Rein war klar, aber raus sind es jetzt zwei Möglichkeiten. Und es gab viele Y und auch X und Z und so. Nunja, mit einigem hin und her finde ich den Monte de Gozo und winke. Schön hier und ich bin versucht, auf dem Hügel hat und mich ein paar Stunden lang zu machen. Aber es wird eh gleich dunkel und dann sind nicht mal mehr Leute da, die ich fragen könnte, was auf Waldwegen und in den kleinen Dörfern ohnehin schon selten geng der Fall ist. Tatsächlich verlaufe ich mich einige Male und muß wieder zurück, aber ich finde den Weg zurück bis zu der Stelle wo ich mich im Bach gewaschen habe. Und zwar genau vor 6 Tagen zur fast gleichen Zeit. Und jetzte kommt es: Heute Mittag war ich an der Kathedrale und zwar genau zur gleichen Uhrzeit wie vor 5 Tagen! Kurz dahinter ist Lavacalla und die Herberge, wo ich den Wein umgefüllt haben. Schön hier noch mal lang zu kommen. Ich frage eine Spanier nach dem Weg zum Flughafen und er bedeutet mir, dass ich nur der Straße folgen muß und es nur 1-2 km sind. Etwas vor mir sehe ich ein Hotel mit einer kleiner Bar. Es ist sehr edel und keiner drin. Ich bin nicht sicher, ob die wollen, dass ich da rein gehe, versuche es aber. Ich bin willkommen und setze mich an einen kleinen Tisch gegenüber dem Fernseher. Fußball. Ich bekomme mein Cerveza grande und dazu einen Snack, wie das hier üblich ist. Etwas Kartoffelslat mit Thunfisch und ein Stück Brot. Würde in Deutschland schnon 3,50 kosten. Der Bierkrug ist gefrostet und das Bier eiskalt. Geil. Im Fernsehen ist gerade Elfmeterschießen und es geht knapp aus. Ich habe mein Bier alle und mache mich wieder auf. Die restlichen Kilometer bis zum Flughafen sind schnell rum und das Terminal leicht zu finden.
Am Flughafen angekommen ist dieser menscheleer. In der Sitzgruppe im Erdgeschoss sitzen einige Pilger und einige Normalos. Aber insgesammt nix los und alles zu. Es gibt ein paar Automaten, aber ich brauche nichts. Es ist kurz vor Mitternacht und so habe ich reichlich Zeit zum Schreiben oder Dösen. Abflüge sind im Obergeschoss und daher begebe ich mich schon mal dorthin. Die große Halle ganz durch finde ich zwei Sitzreihen, die gemütlich aussehen. Auf der einen liegt ein Pilger in seinem Schlafsack. Gute Idee. Mache ich auch. Ich verstaue alles, mache den Rucksack an der Bank fest und stelle mir meinen Wecker auf fünf und auf Vibration und stecke diesen in die linke Socke. Dann lege ich mich hin und schlafe etwas.